Beitrag 1: Auswirkungen der Digitalisierung – Eine Einschätzung!
Das Thema „Digitale Transformation (DT)“ ist bei den Menschen der Branche lange präsent. Eine tatsächliche Vorstellung über die Auswirkungen oder gar ein einheitliches Bild besteht nicht.
„Wir müssen die Mandanten auf UN-Online umstellen, sonst verlieren wir den Anschluss!“ Wenn der Preis für die Buchhaltung gehalten werden soll, muss sich der Aufwand reduzieren!“ „Durch die Digitalisierung bekommen wir die Zeit uns endlich richtig um den Mandanten zu kümmern!“ Diese Aussagen sind alle korrekt, allerdings sind Sie nicht zu Ende gedacht.
Folgende Ausführungen stellen dar, welche Auswirkung die Digitalisierung auf das Unternehmen und Ihre Mitarbeiter, zu welchem Zeit, haben wird.
Im ersten Schritt wird ein „Digitalisierungsexperte“ aus den eigenen Reihen auserkoren. Dieser sorgt zum einen für die Digitalisierung der internen Prozesse und zum anderen führt er digitale Prozesse beim Kunden ein. Im guten Fall wird die Leistung der Prozessveränderung dem Kunden als Leistung verkauft und entsprechend vergütet und nicht als eigene Investition in die Aufwandsminimierung oder Kundenbindung verstanden. Insofern der „Digitalisierungsexperte“ seine Aufgabe und Verantwortung intensiv umsetzt, wird er seine vorherigen Aufgaben kaum bis gar nicht erfüllen können. Die Mandate sind auf andere Kollegen zu verteilen. Ein anderes Verteilungsmodel bei dem alle Fachkräfte „Digitalisierungsbeauftragte“ sind ist natürlich auch denkbar, gleichwohl wird dieses am grundsätzlichen Mehraufwand wenig verändern. Der Gesamtprozess der Digitalisierung ist bei Stefan Lami im Beitrag „6 konzentrische Kreise der Digitalisierung und Automatisierung in der Steuerberatung“ gut beschrieben.
Nachdem der Aufwand der Umstellung geschafft ist, sollte eine signifikante Wirkung eintreten
und das einfache Buchen von Belegen Geschichte sein. Erstmal wird die Freude groß sein, dass die Kapazitätsüberlastungen zurück gehen. Im guten Fall gibt es etwas weniger Geld vom Kunden, allerdings bei deutlich weniger Aufwand. Umsatzrückgang bei höherem Deckungsbeitrag pro Mandanten.
Anschließend wird es eine Lücke zwischen Kapazität und zu leistender Arbeit bei den Fachkräften der Deklaration geben. Die gewonnene Zeit kann genutzt werden für neue Mandanten. Wenn allerdings die Auslastung bei den Fachkräften auf ein normales Niveau mit digitalen Mandaten gehoben wird, führt dieses zu einer deutlichen Überlastung des Steuerberaters. Dieses gilt unter der Prämisse das die Aufgabenverteilung zwischen Steuerberater und Fachkraft bestehen bleibt. Braucht Beispielsweise vor der Digitalisierung ein Steuerberater 4 Fachkräfte, sind anschließend lediglich 3 notwendig. Andersherum muss er seine Kapazität auf 133 Prozent erhöhen, um 4 Fachkräfte auszulasten. Somit ist klar das die Fachkräfte Aufgaben vom Steuerberater übernehmen müssen beziehungsweise der Steuerberater Aufgaben abgeben muss.
Die gewonnene Zeit kann ebenfalls genutzt werden, um Beratungsleistungen dem Mandanten anzubieten. Hier gilt es zu erarbeiten, welche Leistungen dieses sind, wie diese vermarktet und umgesetzt werden können.
Eines wird durch diesen Veränderungsprozess sehr deutlich, es braucht Kompetenzaufbau und dieser wiederum braucht Struktur, Strategie, Konzept, Teamarbeit und Dialog. Mit anderen Worten: Das Team muss lernen sich zu entwickeln.
Darüber hinaus verändert sich das Berufsbild! Viele Mitarbeiter haben bewusst einen „Buchhaltungsjob“ gewählt, um starke Routinen und wenig Kundenkontakt zu haben. Hier braucht es persönliche Entwicklung, um in neue Rollen hineinzuwachsen.
Was geschieht, wenn die Digitalisierung erfolgt, es in der Struktur und Kompetenz allerdings keine Entwicklung und Veränderung gibt?
Die reinen Deklarationskräfte werden nicht länger benötigt. Nehmen wir also an 30-40 Prozent der Mitarbeiter werden nicht mehr ausgelastet und beschäftigt. Neben dem menschlichen Aspekt hat diese selbstverständlich auch wirtschaftliche Auswirkung auf das Unternehmen. An der reinen Deklarationsarbeit wird schließlich heute Geld verdient. Der Steuerberater verdient also nicht mehr so stark an den „einfachen“ Tätigkeiten bzw. an den eingesetzten Mitarbeitern, sondern lediglich durch seine direkte Beratungsleistung. Der Umsatz und der Gewinn werden deutlich sinken.
Was ist also zu tun?
Im Mitarbeiterorientierungsgespräch muss die Branchenentwicklung transparent gemacht werden und verdeutlicht werden, dass eine fachliche, methodische und persönliche Entwicklung notwendig ist. Gleichwohl sollten die Menschen für sich entscheiden dürfen, inwieweit sie dem beschriebenen „Blick in die Glaskugel“ glauben schenken wollen. Sie sollten entscheiden, mit welchem Einsatz sie die Digitalisierung vorantreiben und Sie sollten selbst entscheiden, wie Sie sich fachlich und persönlich entwickeln wollen, um in einer Welt nach der digitalen Transformation bestehen zu können.
Ein Konzept für ein solches Gespräch inklusive hilfreicher Fragebögen präsentieren wir Ihnen in den folgenden Beiträgen dieser Reihe.